Nagasaki, Japan
Atomwaffenangriff
Am 9. August 1945 warfen die USA die Atombombe „Fat Man“ über der japanischen Stadt Nagasaki mit mehr als 240.000 Einwohnern ab. Die Explosion führte zum sofortigen Tod von etwa 22.000 Menschen. Diejenigen, die den Angriff überlebten, blieben ohne Hilfe zurück, weil Krankenhäuser und Infrastruktur zerstört worden waren. Mehr als 64.000 Menschen starben bis Jahresende durch die Folgen der Atombombe. Bis heute leiden viele Überlebende unter den Langzeitfolgen der Strahlung.
Hintergrund
Nur drei Tage nach dem Atombombenabwurf über Hiroshima, der am Angriffstag schätzungsweise 45.000 Todesfälle und 91.000 Verletzte verursacht hatte, startete ein zweiter B-29 Bomber von der US-Basis auf der Insel Tinian. Dieses Mal sollte das Ziel die Industriestadt Kokura sein. Wegen schlechten Wetters musste der Pilot jedoch auf ein Sekundärziel ausweichen: Nagasaki, die Kultur- und Hafenstadt mit ihren wichtigen Mitsubishi-Fabriken. Der Atomsprengkopf, der wegen seiner plumpen Form den Spitznamen „Fat Man“ erhalten hatte, wog etwa 4,5 Tonnen, war 4,5 Meter lang und hatte eine Sprengkraft von etwa 22.000 Tonnen TNT-Äquivalent. „Fat Man“ wurde um 11:02 Uhr lokaler Zeit über einer dicht besiedelten Nachbarschaft abgeworfen und explodierte etwa 500 m über dem Boden.
Folgen für Umwelt und Gesundheit
Anhöhen zwischen den beiden Flüssen Nakashima und Urakami teilten damals Nagasaki in zwei nach den Flüssen benannte Bezirke. Da der östliche Bezirk Nakashima durch eine Hügelkette abgeschirmt wird, wurde er nicht vollständig zerstört. Trotzdem waren die Schäden in Nakashima keineswegs gering. Über 18.000 Gebäude wurden beschädigt, fast 13.000 komplett zerstört. Im Bezirk Urakami waren die Schäden durch die Druckwelle hingegen sogar noch größer als die Schäden in Hiroshima.
Durch die Explosion entstand ein riesiger Feuerball, der innerhalb eines Radius von ca. einem Kilometer alles Leben auslöschte. In der vor allem aus Holz gebauten Stadt entfachte er einen Feuersturm, der weite Teile Nagasakis in Flammen aufgehen ließ und noch fünf Kilometer entfernt Verbrennungen dritten bis vierten Grades verursachte. Da das Feuer der Luft den Sauerstoff entzog, erstickten die Menschen in Kellern und Bunkern.
Die Detonation führte außerdem zu einer enormen Druckwelle, die Gebäudeteile, Fahrzeuge, Holzbalken, Glasfenster, Tiere und Menschen in fliegende Geschosse verwandelte, die mit Geschwindigkeiten von bis zu 150 km/h in die umliegenden Stadtteile geschleudert wurden. Zehntausende Menschen erlitten hierdurch tödliche Verletzungen. Trommelfelle und Lungen platzten noch in mehreren Kilometern Entfernung.
Die Überlebenden der Druck- und Hitzewellen jedoch litten massiv unter radioaktiven Gamma-Strahlen, die durch die Atomexplosion freigesetzt wurden. Schon die Einwirkung von mehr als einem Sievert Strahlendosis konnte zur akuten Strahlenkrankheit führen, mit Symptomen wie schweren Verbrennungen, blutigem Erbrechen und Durchfällen, unstillbaren Blutungen, Immunschwäche und Anämie, Blindheit und Schädigungen des zentralen Nervensystems. Und selbst weit vom Hypozentrum entfernt waren die Menschen durch atomaren Niederschlag in Form von „Schwarzem Regen“ betroffen, der mit Plutonium und seinen Zerfallsprodukten verseucht war. Durch Aufnahme dieser radioaktiven Partikel mit Wasser, Luft und Nahrung kam es zur massiven inneren Verstrahlung. Genetische Mutationen und Zelltod führten bei den Überlebenden zu einer hohen Zahl von Fehl- und Totgeburten, Krebsleiden, Schilddrüsenkrankheiten und kardiovaskulären Erkrankungen.
Der von der Atomexplosion ausgelöste elektromagnetische Puls zerstörte zudem die Kommunikations- und Stromnetze der Stadt. Dies erwies sich als fatal für viele Opfer, da Gesundheits- und Notfallsysteme zusammenbrachen.
Offiziellen Statistiken zufolge beliefen sich die Opferzahlen in Nagasaki auf etwa 73.000 Tote, 74.000 Verletzte und 120.000 Menschen, die unter den Langzeitfolgen der Explosion und der Strahlung leiden.
Ausblick
Das wahre Ausmaß des Atombombenabwurfs auf Nagasaki wird nie vollständig bekannt werden. Die Leichen wurden im Chaos nach der Explosion schnell verbrannt – aus Angst vor Epidemien und wegen fehlender wissenschaftlicher und medizinischer Infrastruktur. Auch die meisten Fehlgeburten, Fehlbildungen und Todesfälle in den ersten Jahren nach dem Bombenabwurf wurden niemals untersucht. Erste wissenschaftliche Untersuchungen begannen erst 1950 und wurden hauptsächlich durch die US-amerikanischen Kommission für Atombombenopfer und die Radiation Effects Research Foundation (RERF) durchgeführt. Ihre Studien fanden Leukämieraten unter den Überlebenden, die gegenüber Kontrollpopulationen um etwa das Siebenfache erhöht waren sowie erhöhte Raten für fast alle anderen Krebsarten. Diese Studien untersuchten jedoch nur die Folgen der direkten Gamma-Strahlung und nicht die der inneren Verstrahlung durch radioaktiven Niederschlag. So wird angenommen, dass sie das wahre Ausmaß der durch die Strahlung verursachten Morbidität und Mortalität unterschätzen. Auch heute noch leiden die Überlebenden der Atombombenexplosion – die Hibakusha von Nagasaki – unter den Folgen der Explosion, die sich vor Jahrzehnten ereignete.
Quellen
- Hall, X. „Nagasaki“. In: Atomwaffen von A bis Z Webseite. www.atomwaffena-z.info/glossar/n/n-texte/artikel/663/6ec52d7020/index.html
- „The Medical Effects of the Nagasaki Atomic Bombing“. Atomic Bomb Disease Institute, Nagasaki University. http://abomb.med.nagasaki-u.ac.jp/abomb/index_e.html
- Pierce et al. „Studies of the mortality of atomic bomb survivors“. Radiat Res. 1996 Jul;146(1):1-27. www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8677290
- Watanabe, T et al. „Hiroshima survivors exposed to very low doses of A-bomb primary radiation showed a high risk for cancers.“ Environ Health Prev Med. Sep 2008; 13(5): 264–270. www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2698250/
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