Witwatersrand, Südafrika
Uranbergbau
Fehlende Kontrollen und Sicherheitsstandards haben dazu geführt, dass radioaktiver Abraum und kontaminiertes Abwasser der Uranminen die Umwelt im Tal von Witwatersrand nachhaltig schädigen und auch für die Bewohner der Region ein ernsthaftes gesundheitliches Risiko darstellen. Gleichzeitig ist der Uranbergbau in Südafrika ein weiteres Beispiel für die Verquickung ziviler und militärischer Atomprogramme und für das unkontrollierbare Proliferationsrisiko der Atomenergie.
Hintergrund
Urangewinnung war in Südafrika ursprünglich ein Nebenprodukt der Goldschürfung. Seit dem Goldrausch von 1886 war das Witwatersrand-Becken ein bedeutendes Bergbaugebiet. Heute leben in dieser Region, die ungefähr der Provinz Gauteng entspricht, etwa zehn Millionen Menschen. Aufgrund der niedrigen Sicherheitsstandards und Produktionskosten in Südafrika bauen Firmen wie AngloGold, Glodfields, First Uranium, DRD und Harmony auch weiterhin Uran in dieser viel bevölkerten Region ab. Die Gesamtproduktion der Region zwischen 1952 und 1998 wird auf mehr als 150.000 Tonnen aufbereitetes Uran geschätzt.
Bis 1964 wurde das meiste Uran in die USA und nach Großbritannien exportiert. In den 1960er Jahren begann Südafrika allerdings, eigene Atomwaffen zu entwickeln. Um die wahren Absichten zu verschleiern, wurden in Koeberg zwei Atomkraftwerke gebaut, welche 1984 in Betrieb genommen wurden. Zur gleichen Zeit entstand eine geheime Anlage zur Urananreicherung in Valindaba, die genügend hoch-angereichertes Uran für sechs nukleare Sprengköpfe produzieren konnte. Die südafrikanischen Atomwaffen wurden auf internationalen Druck hin offiziell nie getestet und ab 1990 nach dem Ende der Apartheid schließlich abgerüstet und zerstört. Kurz darauf trat Südafrika dem Atomwaffensperrvertrag bei. Seither legt das staatliche Atomenergieunternehmen den Fokus auf das zivile Atomprogramm.
Folgen für Umwelt und Gesundheit
Südafrikas Uranbergbau hat sehr geringe Sicherheitsstandards. Dies führt dazu, dass die Bergarbeiter, die meist aus den lokalen Bantustämmen rekrutiert werden, in den Minen über lange Zeiträume radioaktiven Staub einatmen und hochgradiger Strahlenexposition ausgesetzt sind. Doch auch die Normalbevölkerung ist betroffen: Etwa sechs Milliarden Tonnen radioaktiver Abraum wurden in den letzten Jahrzehnten über ein dicht besiedeltes Gebiet von etwa 400 km2 verteilt und gelangten durch Versickerung in die Flüsse der Umgebung. Kontaminiertes Wasser aus gefluteten Bohrlöchern ist eine zusätzliche Gefahr für Grund- und Flusswasser. Besonders in der Region Wonderfonteinspruit im Westen des Witwatersrand-Beckens, wurde eine signifikante radioaktive Verseuchung nachgewiesen. Im Far West Rand gelangen schätzungsweise jedes Jahr 50 Tonnen Uran in den Wasserkreislauf. Südafrikas Kommission für Wasserforschung stellte fest, dass der Urangehalt von Sedimenten in Seen, Sümpfen und Flüssen in Wonderfonteinspruit mit durchschnittlich 10.000 Bq/kg den ohnehin hoch angesetzten amtlichen Grenzwert von 2.000 Bq/kg um das Fünffache übersteigt. In Deutschland beträgt der Urangehalt des Bodens je nach Gesteinsart zwischen 7–60 Bq/kg. Strahlenmessungen und die Untersuchung von Bodenproben durch das Amt für Wasser- und Forstwirtschaft zeigten, dass in mehreren Wohngebieten der Region, wie beispielsweise in Carletonville, Westonaria, Khutsong, Kagiso und Randfontein, die Strahlenwerte bedenklich hoch sind.
Trotz dieser weitreichenden radioaktiven Kontamination gibt es bislang so gut wie keine epidemiologischen Untersuchungen zu den gesundheitlichen Auswirkungen des Uranbergbaus in Witwatersrand. Studien aus anderen Uranbergbauzentren in Kanada oder Deutschland belegen allerdings gesundheitliche Effekte auf Bergarbeiter und Anwohner wie Unfruchtbarkeit, Nervenschädigungen, Krebs und angeborene Fehlbildungen. Siehe hierzu auch die entsprechenden Poster dieser Ausstellung.
Ausblick
Der bisherige Uranabbau in Witwatersrand wird noch für viele Generationen eine Gefahr für Umwelt und Gesundheit darstellen. Gleichzeitig vergrößern Unternehmen wie AngloGold ihre Minen – ungeachtet der Kritik zahlreicher NGOs wegen der ökologischen Zerstörung durch Abraum und radioaktive Verseuchung. Die Studie „Uran aus Afrika – den Einfluss von Uran auf Gesellschaft und Umwelt mildern“ behandelt Südafrikas Scheitern bei Eindämmung der gesundheitlichen und ökologischen Auswirkungen des Uranabbaus. Auch wird die Nationale Atomregulierungsbehörde kritisiert, welche die Bevölkerung eigentlich vor Strahlung schützen sollte, aber ineffektiv und überlastet sei. Das Ausmaß der Folgen des Uranabbaus in Südafrika kann ohne stichhaltige wissenschaftliche Aufarbeitung nicht ausreichend beurteilt werden. Fest steht allerdings, dass es, wie so oft, die wehrlose Lokalbevölkerung ist, die unter den Folgen des Uran-Raubbaus zu leiden hat. Auch sie sind Hibakusha, denn wegen des Strebens nach Atomwaffen erleiden sie gesundheitliche Schäden und müssen mit ansehen, wie ihre Heimat radioaktiv verseucht wird.
Quellen
- „Uranium 1999 Resources, Production and Demand“. Gemeinsamer Bericht der IAEO und der OECD, 2000, p.251ff.
- Fig D. „Uranium Road – Questioning South Africa’s Nuclear Direction“. Jacana Media, Johannesburg 2005.
- Liefferink M. „Poisonous legacy of Gold and Uranium Mining”. Webseite der Coalition against Nuclear Energy (CANE), 10.09.2007. www.cane.org.za/uranium/poisonous-legacy-of-gold-and-uranium-mining
- Winde et al. „Gold tailings as a source of waterborne uranium contamination of streams“. Water SA, Vol.30 (2) 2004: 22. www.ajol.info/index.php/wsa/article/view/5069
- Coetzee et al. „Reliance on existing wetlands for pollution control around the Witwatersrand gold/uranium mines“. In: Uranium in the Aquatic Environment. Springer, Heidelberg 2002, pp 59–64. http://link.springer.com/chapter/10.1007%2F978-3-642-55668-5_6
- Winde F. „Uranium pollution of water resources in mined-out and active goldfields of South Africa – a case study in the Wonderfonteinspruit catchment on extent and sources of U-Contamination and associated health risks“. Abstracts of the International Mine Water Conference Proceedings, Oktober 2009. www.imwa.info/docs/imwa_2009/IMWA2009_Winde.pdf
- „Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung“. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 1995. http://atlas.umwelt.hessen.de/servlet/Frame/atlas/radioakt/gamma_txt.htm
- „Uranium from Africa – Mitigation of uranium mining impacts on society and environment by inustry and governments“. Bericht von SOMO und WISE, Juni 2001. http://somo.nl/publications-en/Publication_3688/at_download/fullfile
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